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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 20.06.2007
Aktenzeichen: 2 K 52/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Niedersachsen

2 K 52/04

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für betrieblich genutzte Räume im Streitjahr 1997.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die Gesellschafter sind Eheleute. Der Ehemann ist hauptberuflich als ... nichtselbstständig tätig. Die Klägerin, also die GbR, betrieb eine ... beratung. Dabei beriet sie ... betriebe über den Einsatz von... . Die ... anlagen, richtete der Ehemann ein. Die Schulung und Betreuung der Kunden übernahm die Ehefrau.

Bis etwa zur Mitte des Streitjahres betrieb die Klägerin das Unternehmen im Bereich .... Dort hatten die Gesellschafter ein "Arbeitszimmer" in ihrer angemieteten Wohnung eingerichtet, in der Größe von ... qm ... Nach Versetzung des Ehemannes betrieben die Gesellschafter das Unternehmen dann in .... Dort richteten sie im selbst genutzten Einfamilienhaus ein "Arbeitszimmer" in der Größe von rund... qm im Obergeschoss ein. Der Raum war mit ... ausgestattet;....

In ihrer Gewinnermittlung für das Streitjahr machte die Klägerin Aufwendungen für die "Arbeitszimmer" in ... und in ... im Gesamtbetrage von ... DM geltend.... Das Finanzamt ließ nach dem Ergebnis des Einspruchsverfahrens den auf die Ehefrau entfallenden hälftigen Anteil dieser Aufwendungen, also ... DM, in voller Höhe zum Abzug zu, von der anderen, auf den Ehemann entfallenden Hälfte ließ es indes wegen der Abzugsbeschränkung gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 3 erster Halbsatz EStG nur 2.400 DM zum Abzug zu. Der Raum ... sei als "häusliches Arbeitszimmer" zu werten. Der Ehemann habe wegen seines Hauptberufes ... den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit jedoch nicht in diesem Raum. Wegen der Auffassung des Finanzamtes im Einzelnen wird auf die Ausführung im Einspruchsbescheid verwiesen... . Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin meint, die Kürzung der Aufwendungen für den Arbeitsraum sei nicht gerechtfertigt. Es handele sich nicht um ein häusliches Arbeitszimmer, wie das Finanzamt jedoch meine. Vielmehr diene der Raum ihrer "gewerblichen" Tätigkeit, wie dies bei einem typischen häuslichen Arbeitszimmer jedoch nicht der Fall sei. Der Raum sei auf ihre spezifische Belange abgestellt und auch deshalb so groß dimensioniert. Sie habe den Raum auch für die Schulung von Kunden eingerichtet. Deshalb seien in dem Raum auch vier ...arbeitsplätze. Allerdings hätten die Kunden diese Dienstleistung jedenfalls in den Jahren 1997, 1998 nicht nachgefragt. Wegen der Begründung der Klage im Einzelnen wird auf die Klageschrift und die Schriftsätze vom....

Die Klägerin beantragt,

weitere Betriebsausgaben in Höhe von .... DM zum Abzug zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

Klagabweisung

und meint auch weiterhin, weitere Aufwendungen seien nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Ehemannes liege nicht im Arbeitszimmer. Wo der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit liege, müsse für jeden Gesellschafter gesondert ermittelt werden. Wegen der Auffassung des Finanzamtes im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom ... verwiesen (GA Bl. 34).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Die Aufwendungen für den Raum im Obergeschoss sind im Streitjahr in voller Höhe abzugsfähig.

Nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG sind Aufwendungen für ein "häusliches Arbeitszimmer" in voller Höhe nur dann abzugsfähig, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der (hier) betrieblichen Betätigung bildet. Stellt das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der betrieblichen Betätigung vor, sind die Aufwendungen hierfür, begrenzt auf 2.400 DM, nur abzugsfähig, wenn die betriebliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 v.H. der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In allen anderen Fällen ist ein Abzug im Ganzen ausgeschlossen. Danach kann die Klägerin im vorliegenden Fall den Abzug ihrer Aufwendungen für das Arbeitszimmer in vollem Umfang beanspruchen:

1. Der Raum im Obergeschoss des im Streitjahr bezogenen Einfamilienhauses der Gesellschafter ist, ebenso wie auch der Dachgeschossraum in der Mietwohnung zuvor, ein Arbeitszimmer im Sinne der Vorschrift. Ein Arbeitszimmer ist ein Arbeitsraum, der seiner Funktion und Ausstattung nach der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient (BFH-Urteil vom 19. Februar 2002, VI R 70/01, BStBl II 2003, 139 m.w.N.). Dabei gibt die tatsächliche Einrichtung des Raumes einen wichtigen Anhaltspunkt, so wenn der Raum mit Aktenschränken und ähnlichen "Büromöbeln", Computern und ähnlichen Arbeitsmitteln ausgestattet ist (BFH a.a.O.). Im Falle der Klägerin sind die Räume nach diesen Anhaltspunkten als Arbeitszimmer zu werten, denn sie waren mit typischen Büromöbeln eingerichtet, wie sich aus dem Vermerk des Finanzamtes über die Nachschau in dem Haus der Eheleute ergibt. Für die Beschaffenheit des zu Anfang des Streitjahres genutzten Raumes in ... ist gleiches anzunehmen.

Dieser Beurteilung stünde die gelegentliche Verwendung des Raums für Schulungszwecke nicht entgegen. Allerdings zählen zu Arbeitsräumen im Sinne der genannten Vorschrift nicht Räume, die nicht den Charakter von Büroräumen haben, wie z.B. Praxisräume eines Arztes, auch Praxisräume eines Arztes für Notfälle, typische Werkstatträume u.a. Die Klägerin will den Raum zwar auch für Schulungszwecke vorgehalten haben. Eine solche gelegentliche Unterrichtung steht dem vorherrschenden Charakter des Raumes als bloßem Arbeitsraum jedoch im vorliegenden Fall nicht entgegen, wie dies beispielsweise auch bei einem Steuerberater oder dem Leiter einer Lohnsteuerhilfestelle nicht der Fall ist, der in seinem Raum gelegentlich Kundenbesuche hat (BFH-Urteil vom 23. September 1999, VI R 74/98, BStBl II 2007). Überdies sieht die Klägerin selbst in solchen Schulungen nicht die "wesentliche Zweckbestimmung" des Raumes (Schriftsatz vom ...). Tatsächlich hat sie jedenfalls zumindest in den ersten Jahren den Raum zur Schulung auch nicht verwandt.

2. Es handelt sich auch um ein "häusliches" Arbeitszimmer im Sinne der Vorschrift des § 4 Abs.5 Satz 1 Nr. 6b EStG. Das Arbeitszimmer befand sich im Obergeschoss eines im Übrigen für private Wohnzwecke der Gesellschafter der Klägerin genutzten Wohnhauses; auf der selben Etage wie das Arbeitszimmer befanden sich überdies ... zimmer, ... (Einzelheiten siehe Grundriss...).

3. Der auf die Gesellschafterin ... entfallende Anteil der Aufwendung für das jeweilige Arbeitszimmer ist in voller Höhe absetzbar. Insoweit besteht zwischen den Parteien auch kein Streit. Der Mittelpunkt der Tätigkeit der Gesellschafterin befand sich im Arbeitszimmer. Allerdings beträgt der Anteil der Gesellschafterin an den Gesamtaufwendungen der beiden Arbeitszimmer nicht lediglich die Hälfte des Gesamtbetrages, sondern, wie sich in der mündlichen Verhandlung ergab, im Verhältnis ihres Nutzungsanteiles 80 v.H. Das Arbeitszimmer hat die Gesellschafterin nämlich ganz überwiegend selbst genutzt. Ihr Ehemann, ... , nutzte das Arbeitszimmer demgegenüber lediglich ganz gelegentlich, denn er war nur für eventuelle Fragen der Anschaffung und Aufstellung der Hardware zuständig, im Übrigen aber auch schon durch seinen Hauptberuf an einer Nutzung des Arbeitszimmers im selben Verhältnis wie seine Ehefrau gehindert. Der Senat hält es für angemessen, die Aufteilung der Aufwendungen im Umfang der Inanspruchnahme des Arbeitszimmers vorzunehmen, und der Gesellschafterin ... demzufolge einen Anteil der Nutzung des Arbeitszimmers in Höhe von 80 v.H. zuzubilligen. In diesem Umfange sind die Aufwendungen demzufolge auch unbeschränkt abzugsfähig.

Auch soweit die Aufwendungen den eigenen Anteil der Gesellschafterin am Eigentum übersteigen, hält der Senat die Aufwendungen für abzugsfähig. Hierzu sieht sich der Senat durch folgende Überlegung bestärkt: Würde die Gesellschafterin ... nämlich das Arbeitszimmer allein nutzen, könnte sie die Aufwendungen hierfür in vollem Umfange abziehen, auch soweit diese ihren eigenen Anteil überschreiten, denn insoweit hat die Gesellschafterin die Aufwendungen gleichwohl zur Erzielung von Einkünften auf sich genommen (BFH-Beschlüsse vom 30. Januar 1995, GrS 4/92, BStBl II 1995, 281; vom 23. August 1999, GrS 5/97, BStBl II 1999, 774). Nutzt nun aber der andere Miteigentümer und Ehegatte das Arbeitszimmer ebenfalls, wenn auch, wie hier, bloß in geringem Umfange, kann dies nicht dazu führen, dass der Anteil der Aufwendungen der Gesellschafterin sich plötzlich auf ihren (hälftigen) Anteil reduziert. Vielmehr muss in Höhe des weitergehenden höheren Anteils (80 ./. 50 v.H. = 30 v.H.) ein Abzug bei ihr ebenfalls möglich sein.

4. Die auf den Gesellschafter ... entfallenden anteiligen Aufwendungen für das Arbeitszimmer sind im vorliegenden Fall ebenfalls in vollem Umfange abzugsfähig. Sie betragen 20 v.H. von ...DM, mithin ... DM. Zwar lag, wegen seines Hauptberufes, der Mittelpunkt seiner Tätigkeit nicht im Arbeitszimmer. Dem Gesellschafter stand nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 2 EStG für seine Tätigkeit zu Gunsten der Klägerin jedoch kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. In diesem Falle sind zwar seine abziehbaren Aufwendungen auf 2.400 DM begrenzt. Sein tatsächlicher Anteil der Aufwendungen liegt darunter; er ist folglich voll abzugsfähig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).



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